Werbungskosten in Belgien – Pauschale oder reale Kosten?

Was Werbungskosten sind, weiß in Deutschland so ziemlich jeder. Wer kennt nicht das Bild des Lehrers, der während oder außerhalb der Arbeitszeit seinen Einspruch formuliert. So, weil ihm das Finanzamt die Anerkennung einer Glühbirne in seinem Arbeitszimmer als Werbungskosten verweigert. Denn dazu zählen alle Aufwendungen, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen. Das gilt weitgehend so auch in Belgien.

 

 Werbungskostenpauschale für Arbeitseinkommen

Um einem Streit wegen solchen Bagatellen aus dem Weg zu gehen gibt es Werbungskostenpauschalen. Das sind Beträge, die das Finanzamt ohne Widerrede automatisch anerkennt. Die Werbungskostenpauschale in Deutschland beträgt nur 1.000 €. (Für Lehrer allerdings 1.250 €, sofern sie keinen Arbeitsplatz in der Schule haben).

In Belgien dagegen liegt der Betrag mit 4.320 € für das Arbeitseinkommen in 2017 rund vier Mal höher. Das ist allerdings ein Höchstbetrag, der für all diejenigen gilt, deren zu versteuerndes Einkommen mindestens 35.113,33 € und mehr beträgt. Für alle, die weniger verdienen, ist die Pauschale variabel. Das klingt kompliziert, ist es aber nicht.

Das Einkommen unter 35 113,33 wird in verschiedene Gehaltsanteile aufgeteilt. Von dem untersten Gehaltsanteil zwischen 0 und 8.620 € werden 30% als Pauschale anerkannt. Von dem nächst höheren Anteil von 8.620 bis 20.360 € werden nur 11% anerkannt. Das ergibt maximal 1.291,40 €. Von 20.360 bis 35.113,33 € nur noch 3%. Nimmt man den Höchstbetrag von 35.113,33 € bringen die 3% in dieser Stufe gerade mal magere 442,60 €. Der für jede Stufe errechnete Betrag wird dann zusammengezählt. Das Ergebnis ergibt dann die Werbungskostenpauschale.

Es gelten also folgende maximalen Beträge für die verschiedenen Stufen, in der rechten Spalte nochmals im Überblick dargestellt. Werden dies Beträge alle zusammengezählt ergibt das den Höchstbetrag der Pauschale von 4.320 € (mit einem Minimum von 440 €) für das Arbeitseinkommen 2017.

 

  30 %   0 € – 8.620,00 €   ergibt maximal 2.586,00 €
  11 %   8.620,00 € – 20.360,00 €  ergibt maximal 1.291,40 €
  3 %  20.360,00 € – 35.113,33 €  ergibt maximal 442,60 €

 (Quelle : GUIDE IMPÔTS, IPCF, Mai 2017)

 
Nur die Firmenchefs werden mit einheitlich 3% und einem Maximum von nur 2.440,00 € klein gehalten. Dies, weil deren Kosten schließlich auch auf Firmenebene abgezogen werden können.

Der belgische Fiskus glaubt, dass sich die Prüfung von Werbungskosten bzw. die Bearbeitung von Reklamationen bis zu 4.320 € für den Staat nicht lohnt. Daher machen sich weit weniger belgische Steuerpflichtige die Mühe, die realen Kosten zu Papier zu bringen, um sie dann als Anlage der Steuererklärung beizufügen.

Pauschalen für Zinseinnahmen

Für Zinseinnahmen gilt eine andere Pauschale. Belgien ist dafür bekannt, Vermögen von hohen Belastungen zu verschonen. Daher verwundert auch nicht, dass der für Zinsen vorgesehene Pauschbetrag im Königreich mit derzeit 1.880 EUR weit höher ausfällt als in der Bundesrepublik. Gehört das Konto einem Ehepaar, gelten sogar 3.760 €. In Deutschland liegt dieser Betrag für einen Alleinstehenden mit 801 EUR nicht einmal bei der Hälfte. Bei Verheirateten bei gemeinsamer Veranlagung sind es 1.602 EUR.

Pauschale für „große“ Entfernungen

 Zur obigen belgischen Werbungskostenpauschale für das Arbeitseinkommen kommt in Belgien noch eine weitere Pauschale für „große“ Entfernungen (Entfernungskilometer) hinzu. So, wenn die Fahrten zur Arbeit nicht nachgewiesen werden. Weil der Lohnempfänger z.B. kein eigenes Fahrzeug besitzt, auch niemand innerhalb der engsten Familie, oder wer keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzt. Diese beträgt bei einer Entfernung zwischen Heim und Arbeitsplatz von 75 bis 100 km 75 €, von 101 bis 125 km 125 € und über 125 km 175 €.

Reale Kostenrechnung

Aber auch in Belgien – egal welchem Beruf man nachgeht – gibt es zahlreiche Beispiele dafür, welche Aufwendungen man als Werbungskosten geltend machen kann, um über diese Hürde von 4 320 € zu kommen. Die Kosten muss man aber nachweisen. Mit einer Wohnsitzbescheinigung, Quittungen, Rechnungen o.ä.

In der Regel machen schon die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz einen erheblichen Teil der Kosten aus. Für jeden gefahrenen Kilometer zum Arbeitsplatz und zurück, ob mit Auto, Motorrad oder öffentliches Verkehrsmittel, kann in Belgien ebenfalls pauschal mit 15 Cent abgerechnet werden (unter dem Strich ähnlich hoch wie in Deutschland). Egal ob dabei ein Auto, Motorrad oder ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt wird. Dieser Pauschbetrag steht auch dem zu, der zu Fuß zur Arbeit geht. Wer in der Mittagspause nach Hause fährt, darf auch diesen Weg dazuzählen, sofern nachgewiesen werden kann (z.B. mit Werkstattrechnungen, auf denen der km-Stand angegeben ist).

Wer nur mitfährt, darf die Pauschale wenigstens bis zu 100 km anwenden.

Wer mit einem anderen Verkehrsmittel als dem eigenen Auto fährt, kann jedenfalls bis zu 100 km auch die realen Kosten abziehen, wenn er diese beweisen kann. So z B. mit einer Taxiquittung.

Besonders favorisiert vom Staat wird als Beförderungsmittel das Fahrrad. Dafür gibt es sogar 0,23 € pro km.

Kosten für die Finanzierung – oder ein Smartphone sind nicht in der Pauschale enthalten und dürfen darauf geschlagen werden.

Wenn der Arbeitgeber aber Ersatz für Kosten – so Fahrtkosten – leistet, ist diese Entschädigung grundsätzlich als Einnahme zu berücksichtigen. Die Entschädigung für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist aber z.B. steuerfrei. Für andere Transportmittel ist der Ersatz für Lohnempfänger bis 390 € befreit (gültig für das Arbeitseinkommen in 2017).

 Wer eine Wegstrecke von 35 Kilometern zur Arbeit zurücklegt, kann täglich hin und zurück immerhin 10,5 € (=2 mal 35 km mal 0,15 €) geltend machen. Bei ca.210 Arbeitstagen im Jahr würde man allein damit auf Werbungskosten von jährlich 2.205 € kommen. Wer einen Unfall hatte, soll wenigstens versuchen, die Rechnung der Werkstätte anzuhängen.

 Für dienstliche Fahrten – so z.B. Kundenbesuche mit dem eigenen Wagen, um an einem Kongress teil zu nehmen – können die realen km-Kosten bis zu einer Höhe von 75 % geltend gemacht werden. Alles was fürs Auto anfällt: Abschreibung, Steuern, Benzin, Garage, Wartung, Autowäsche, technische Kontrolle, Parkkosten, Pannenhilfe etc.. Für Finanzierungskosten und Smartphone (bzw. Freisprechanlage) gelten sogar 100%. Da kommt man schnell auf über 30 Cent (limitiert bis Ende Juni 2017 auf 0,3363 €).

 

Von Walter Grupp

Zuerst veröffentlicht auf Belgieninfo am 12/06/2017

Wenn dann noch die Kosten eines Arbeitszimmers im eigenen Haus hinzukommen, liegt man womöglich schon über dem Pauschbetrag. Die anteilige Abschreibung, Strom- und Heizungsrechnung, Reinigung und Schönheitsreparaturen, Zinsen des Hypothekenkredits, Brandschutzversicherung, précompte immobilier. Und weiter die Kosten für den Schreibtisch (womöglich abzuschreiben über 3 Jahre), Telefonkosten, Kosten für den PC, die Programme, das Internetabonnement, die Fachzeitschriften, Schulungen, die Beiträge für berufsständische Einrichtungen, etc..Der enorme Steuersatz von rund 54 % (incl. Gemeindesteuer) in Belgien, der zu den höchsten Steuersätzen für Arbeit in Europa, sogar auf der Welt zählt, gibt genug Grund, einmal genauer nachzurechnen.

Walter Grupp ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, comptable-fiscaliste agréé IPCF